28
Jul
2007

Zurück in Mexico, ein Rückblick auf zehn Tage Cuba

Havanna-Haus

Cuba wird mit K geschrieben. K wie Kranksein.
Jein, dies ist nur teilweise ein politisches Statement, schliesslich hat mich der schmutzige Boden der Realität endlich von jeglicher sozialistischen Wildromantik geheilt.
Gespraech
Der Mensch ist ein Markenschwein und wenn er sich nicht selbst um sein Wohlergehen kümmern muss, dann beschwert er sich umso stärker über jegliche Missstände. Das klingt jetzt vielleicht etwas oberflächlich und hart, doch zwei Details sollten Klarheit bringen:
Bereits am ersten Tag fiel mir auf, dass erstaunlich viel Markenkleider im Umlauf waren und selbst US-Flaggen auf Mützen, T-Shirts und hautengen Bodys prangerten, während im Hintergrund die grossen Metalltafeln den Feind in den Abgrund verteufelten.
Was das Beschweren bei relativem Wohlergehen angeht, so betrifft dies meinen prinzipiellen und staatlich erlaubten Kontakt zur kubanischen Gesellschaft, die Betreiberinnen der casas particulares. Zumeist gemütlich in den Schaukelstuhl neben zwei Ventilatoren gesetzt, durch eine Köchin und eine Putzfrau (oder eben einer in Personalunion) von Arbeit befreit, haben sie genügend Zeit dem Turista aus dem capitalismo während er sein Abendessen zu sich nimmt die Ohren vollzuschwafeln, wie schwer es doch sei hier eine Pension zu führen und wie hoch die monatliche Steuer doch sei. Ich biss die Zähne zusammen um keinen Vergleich zu der Art der Zimmervermietung wie ich sie von meiner Grossmutter kenne, heraufzubeschwören. Es scheint hier nämlich so, als könnte eine gesamte Familie plus die Putzfrau und Köchin von den Einnahmen leben... so weit ich mich entsinne putzte, wusch und umsorgte meine Grossmutter ihre Gäste und bereitete dabei auch noch das Frühstück zu, während mein Grossvater im Lastwagen sass, aber das war ja im Kapitalismus, nicht wahr?
Kamionfahrt
In jenem System in dem die Regale nicht halbleer und mit einigen wenigen Marken gefüllt sind, jenem System wo die Restaurants eine mehrseitige Speisekarte anbieten. Seit Cuba scheint mir klar, wieso der Mensch, der sich nunmal gerne verwöhnt und für sein Schaffen Belohnung erwartet heutzutage zumeist in einem entsprechenden monetären und ökonomischen Umfeld verweilt. Es ist einfach seiner Art entsprechender. Wir sind nunmal die buntschillernde Plage dieser Erde und solange die Kreditkarte nicht wortlos zurückkommt, geht die Sonne nicht unter.
Kind-am-Meer
Doch nun nochmal zurück zu einer anderen und der eigentlich ersten Bedeutung von "Cuba wird mit K geschrieben, K wie Krankheit".
Kranker-dAn
Meine 10 Tage Cuba mit Katha waren leider auf die Hälfte reduziert was den Spassfaktor anbelangte. Denn 5 Tage verbrachte ich zwischen Fieber, dann Weissheitszahnschmerzen und dazupassende starke Schluckbeschwerden. 2 Tage legte ich mich vollständig in ein Bett während Katha zum Glück einen angenehmen Strand fand.
Strassenstille
Was unsere Reiseroute anbelangte, so gelangten wir gleich zu Beginn nach eineinhalb Tagen Havanna per Nachtbus nach Santiago de Cuba. Eigentlich wollten wir dies ja mit dem Zug machen, doch der einzige Zug des Tages war einfach und ohne weitere Erklärungen CANCELADO. An dem Ticketschalter einer staatlichen Reisegesellschaft verkauften sie an jenem Tag stolze fünf Tickets an die ersten glücklichen Wartenden einer grösseren Schlange und der Rest ging ohne ein Murren von dannen. Den Bus bekamen wir dann auch mit mehr Glück als Verstand, denn normalerweise sei ein Vorausbestellen um mehrere Tage sinnvoll, so hiess es zumindest.
Geschaeft
Schlussendlich gelangten wir in einem total unterkühlten Bus nach Santiago. Ich bekam dann, wie gesagt, gleichmal Fieber als Antwort darauf und die Nacht wurde somit zu einer heissen. Leider nicht so wie es la morenita mit ihrer aphrodisierenden Suppe für uns bedacht hatte. (Offiziell gaben sich Katha und ich meist als verheiratet aus, um es uns einfacher zu machen. War es aber nicht immer, denn wann hatten wir nochmal geheiratet?)
Fahnenmeer
In Santiago war gerade Carnaval und wir sahen eine grosse Strassenparty, konnten leider aus Unwissenheit und neuen Freundschaften mit ein paar Rastabrüdern nicht bis zum desfile der typischen Karnevalkostüme vordringen. Es war dennoch ein schöner Abend. Am nächsten Tag erwarteten uns morgens bereits Raúl, seine reina und Yumai, drei kubanische Rastas die mit uns an einen einsamen Strand fuhren. Ein wunderschöners Auto brachte uns zu einem unverhältnismässig hohen Preis hin und ich hoffe nach wie vor, dass unsere Freunde einen guten Teil des Geldes mitabgestaubt haben, ansonsten ist es wohl etwas dumm gelaufen.
Propanda1
Von Santiago ging es nach Trinidad. Die Postkartenstadt. Pflasterstein und jede Menge alter Häuser. Der grassierende Tagestourismus hat eine grosse Anzahl der Trinidianer zu Bettlern und anderweitigen Jineteros gemacht. No gracias wurde zu dem Lieblingssatz den ich zwischen geschwollener Backe und halbzusammengepressten Zähnen losliess. Denn mittlerweile waren meine Weissheitszähne soweit, sie rührten sich recht ordentlich und meine rechte Seite schwoll gehörig an. Also Bett. Als es zurück nach Havanna ging, da war ich zwar schon auf dem Weg der Besserung, doch perfekt, perfekt war das noch lange nicht. Zermatschte Bananen war zu meiner Hauptnahrungsquelle geworden. Ausserdem suchte ich stets nach Suppe und nahrhaften Säften. Schwierig aber möglich. Am letzten Abend erhielt ich sogar eine crema de camarones gefolgt von warmen Gemüse mit Puree.
StrasseHavanna
Als ich am 27.07.07 mittags in Cancun mexikanischen Flughafenteer berührte, da ging mein Herz auf. Ich war zurück in einer Art Zweitheimat. Ich hätte dem Beamten der mich fragte: "Daniel, algo que declarar?" Am liebsten geantwortet: "Declaro que amo Mexico, cabrones!" Doch ich hielt mich zurück, noch zu lebhaft war mein zweites Mal in Cuba gefilzt werden. Damals, vor knapp zwei Wochen, als ich aus Kingston anflog und über eineinhalb Stunden verhört und durchsucht wurde, denn ein Rasta hat schliesslich ganz sicher Ganja oder zumindest Samen dabei, wenn er aus Jam anfliegt!
Nun sitze ich hier in Playa del Carmen im Internet, ein paar Strassen weiter baumelt meine Hängematte auf einem Camping, es ist Zeit für einen frischgepressten Orangensaft. Und dann vielleicht etwas Meer...
Malecon-Habana
Lasst es euch gut gehen, ich schicke wieder etwas Korallenblau und Chilerot
Euer dAn
Marius (Gast) - 29. Jul, 14:02

Ein schmuzeln begleitete

von anfang an des lesens mein Gesicht beim lesen dieses Eintrags.


Die Welt ist schlech - ist schlecht - ist schlecht und doch ist es mir recht. Nur sehen sollte man, was gutes im schlechten gedeihen kann.

Von allem anderen, kann man sich wieder abwenden sowie auch ein geschwollener Zahn sich irgendwann wieder beruhigen wird. :-)

Mehr lieber persönlich!

Ach was rede ich,
Grüße an dich Schnitte,
aus Berlin von dem seit tagen nur am D-Buch schreibenden Marius

ppsps:
Soohohory... ich hab vergessen dem Don die CD zu schicken, denke aber nächste Woche, wenn ich mal wieder paar Tage in MUC bin dran.

-dAn- - 29. Jul, 19:41

Schlechte Welt

Nun grad scheint sich die schlechte Welt tatsächlich in meiner Nähe wohlzufühlen. Während ich gestern diesen Blogeintrag schrieb und Bilder hochlud und soweiter und so fort hat man mir meine von Mama zum Magisterabschluss geschenkte Kamera geklaut. Somit ist das Befürchtete nun nach vier Monaten Herumreisen doch noch wahr geworden und ich sitze belämmert auf Sand.
Was ich daran nun Gutes finde, das schreibe ich sobald ich wieder meditativ genug gestimmt bin, sämtlich Zähne ruhig sind und so weiter. Bis dahin: Wenn er fällt dann schreit er eben nunmal kurz und lächerlich.
Wünsche allen etwas besseres und dir liebe Pute ganz besonders, rock das D-Buch!
Petra (Gast) - 30. Jul, 00:05

Nimm's nicht so schwer! Denk dran, es ist viel wichtiger alles im Herzen zu speichern, als auf irgendeiner Highspeed SD! Denn das bleibt fuer immer und das kann Dir auch keiner klauen!
Gruesse vom anderen Ende, ein paar Breitengrade suedlicher!

Natali (Gast) - 4. Aug, 04:17

Post von der Insel!

Hab deine Postkarte erhalten... man glaubt es kaum und habe mich riesig gefreut. Wenigstens konnte ich so ein bißchen von dem türkisblauen Wasser und den schönen Stränden abhaben:-)
Vielen Dank und lass es dir gut gehen,

asta luego

Natali

dAn

Gerade eben in Mexiko

Eine Reise, einige Monate, viele Geschichten

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Lieber dada, noch mal einhalb monate nach deinem abschluss,...
Kathita (Gast) - 9. Jan, 03:22

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